Ein Großteil des Akzeptanzproblems,
unter dem die "Green Economy" und die darunter verstandenen
Effizienzsteigerungen momentan leiden, kommt von der Ignoranz
systemischer Konstruktionsfehler unseres Wirtschaftssystem, die durch
dieses "Greenwashing" der Wirtschaft unter den Teppich
gekehrt werden sollen.
So ist das ständige Wachsen der
Wirtschaft inzwischen auch von uns Grünen als eines der
Hauptimperative politischen Handelns übernommen wurden, obwohl eine
wirkliche Entkopplung von Wachstum und Ressourcenverbrauch, wie von
Barbara schon richtig ausgeführt, im Moment nicht mehr als eine
bloße Spekulation ist. Dabei will ich nicht falsch verstanden
werden. Natürlich ist es wichtig und gut, dass die Politik Anreize
für Effizienzgewinne setzt. Ob damit die ökologischen Probleme
unserer Zeit vollständig zu beseitigen sind, ist mehr als fraglich.
Schließlich ist das in unserem Wirtschaftssystem strukturell
verankerte Wachstum ein exponentielles Wachstum. Während kleinere
Volkswirtschaften auch heutzutage kein Problem haben, 10%
Wirtschaftswachstum zu erreichen, sinken die Wachstumsraten in den
großen Industrieländern ständig – mit fatalen Folgen für das
soziale Gefüge.
Wir befinden uns im "goldenen
Zeitalter", dass Keynes schon 1943 vorraussah. Dieses zeichnet
sich dadurch aus, dass die Konsumbedürfnisse der Menschen in unserem
Land weitesgehend befriedigt sind. (Der World Happiness Report, der
dieses Jahr zum ersten Mal erschien verzeichnete eine Steigerung des
deutschen BIP um 60% zwischen 1973 und 2003, während das
individuelle Glücksniveau im selben Zeitraum um 10% sank)
Nun fragt sich der ökonomische Laie,
warum es trotz einer solchen Nachfragesättigung so viel Armut in
dieser Gesellschaft gibt. Dieses hat systemische Gründe: Ein
Unternehmen, dass investieren will, muss dies über Kreditaufnahme
tun (Eigenkapital ist in vorherigen Wirtschaftsaktivitäten von
Menschen oder Unternehmen bereitgestellt worden, die es auch
ursprünglich über Geldschöpfung erhalten haben, weswegen dieser
Unterschied gesamtwirtschaftlich vernachlässigt werden kann). Der
auf den Kredit anfallende Zins stellt die Mindestprofitrate dar, die
das Unternehmen erwirtschaften muss, damit die Investition profitabel
bleibt. Es gibt dafür zwei Möglichkeiten. Zum Einen ist es möglich,
dass das Unternehmen die kosten für das Kapital über höhere Preise
an die Kund_innen weitergibt (mit der Folge, dass die soziale
Ungleichheit weiter wächst), zum Anderen kann das Unternehmen darauf
hoffen, dass andere Unternehmen ihrerseits Kredite aufnehmen, die
neue Nachfrage schaffen.
Der Sachzwang, dass die Wirtschaft
entweder wächst, oder unsozialer wird, lässt sich so erklären.
Wenn die Wirtschaft nicht mehr wächst, können Zinsen nicht mehr
zurückbezahlt werden, Banken gehen Pleite und die Nachfrage bricht
weiter ein. Dadurch entsteht ein Teufelskreis, der eine stabile
Wirtschaft in unserem Geldsystem unmöglich macht. Es existieren nur
die Zustände "wachsen" und "schrumpfen", die
beide katastrophale soziale Folgen haben.
Dabei ist das Zinssystem keineswegs der
alleinige Grund für diesen Zustand. Das möchte ich hier in aller
Deutlichkeit klarstellen, bevor ich zu den Geldkritikern, die
dahinter eine jüdische Verschwörung der Banken zur Übernahme der
Weltherrschaft sehen, gestellt werde. Diese einseitige Fixierung auf
das Bankensystem ist eine verkürzte Kritik und somit nicht geeignet,
die systemischen Ursachen des Wachstumszwanges zu erklären.
Vielmehr ist das jetzige Banken- und
Zinssystem ein Werkzeug der kapitalistischen Wirtschaftsordnung, die
aufgrund der Tendenz der fallenden Profitrate (siehe Marx) immer mehr
Festkapital pro Arbeiter_in braucht und ohne ständige Finanzierung
auf Pump schon längst an ihre ökologischen Grenzen gestoßen wäre.
Die Tatsache, dass Zins und Zinseszins inzwischen einen großen Teil
der öffentlichen und privaten Ausgaben und damit einen Hauptgrund
für die Eurokrise ausmachen, war von ihren Erfinder_innen sicherlich
nicht geplant, lässt sich aber schwer verleugnen.
Ich möchte an alle Grünen,
insbesondere die Grüne Linke, appelieren, nicht in unrealistischen
Technologieoptimismus zu verfallen. Ich will damit nicht
ausschließen, dass große technologische Revolutionen die Lösung
für einige unser Probleme liefern, aber wenn sie das nicht tun,
wonach es momentan aussieht, sollten wir schnellstmöglich Lösungen
entwickeln, um den Wachstumszwang zu überwinden, wenn wir diese Erde
weiterhin bewohnen wollen, ohne unseren Kindern eine gigantische
Müllhalde zu hinterlassen.
Für eine weitere Vertiefung dieser
Thematik möchte ich euch das Buch "Wirtschaft ohne Wachstum?!"
der Uni Freiburg empfehlen, welches ich selber gerade durcharbeite.
Außerdem sollte jede_r einmal die Arte-Doku "Kaufen für die
Müllhalde" gesehen haben, die von dem "geplanten
Verschleiß" von Gütern handelt, der meiner Meinung nach eine
der größten Perversionen des Wachstumsdogmas ist.